Klimabericht Gemeinderatssitzung vom 17.02.2022

von Stefan Klein
Hinweis: Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen. Korrekturen nehme ich gerne entgegen.

Kurzüberblick

Warum kein Bürgerwindpark

Ein Bürger wollte wissen, warum der Gemeinderat die Windkraft-Flächen auf dem Hebert an einen Großkonzern verpachten will anstatt einen Bürgerwindpark zu entwickeln. Seiner Ansicht nach gingen den Bürgern damit Einnahmen in Millionenhöhe verloren. Das geplante Pachtmodell würde über 20 Jahre Einnahmen von maximal rund 30 Mio. € erzielen. Die Einnahmen im Falle eines Bürgerwindparks hingegen bezifferte er auf rund 250 Mio € über 20 Jahre.
Weiterhin verwies er auf die Broschüre "Bürger machen Energie" des Landes Baden-Württemberg, die der Verwaltung seit zehn Jahren vorliege und eindeutig feststelle: "Die kommunale Wertschöpfung, d.h. die finanziellen Gewinne für die Region, ist in einem Bürgerwindpark um ein Vielfaches höher als bei reiner Verpachtung der Fläche an ext. Investoren".
Bereits im Vorfeld der Sitzung hatte er einen ausführlichen Fragekatalog mit 31 Fragen bei der Verwaltung eingereicht. Bürgermeisterstellvertreter Reinig bat um Verständnis, auf das komplexe Thema und die vielen Fragen nicht spontan antworten zu können, versprach aber eine schriftliche Stellungnahme der Verwaltung.

Mobilitätspass und Mobilitätsgarantie.

Eine Bürgerin erkundigte sich nach dem Stand der Dinge bei Mobilitätspass und Mobilitätsgarantie. Sie hatte bereits im Dezember nachgefragt (siehe hier). Seitdem habe am 09.02.22 eine Auftaktveranstaltung stattgefunden, weshalb sie nun erneut nachfrage. Die Stadtverwaltung versprach, die Antwort nachzureichen.

Gemeinnützige Solaranlagen mit der Klimaschutz-Plus-Stiftung

Dieselbe Bürgerin wies auf die Möglichkeit hin, der Klimaschutz+ Stiftung aus Heidelberg Dächer zur Verfügung zu stellen, um darauf gemeinnützige Solaranlagen zu errichten. Sie wollte wissen, ob die Stadt eine solche Möglichkeit erwogen habe. Der Leiter des Bauamts Kermbach antwortete, dass der Gemeinderat bereits beschlossen habe, alle städtischen Dächer den Stadtwerken zur Verfügung zu stellen zur Errichtung von Solaranlagen. Nähere Informationen dazu wollten die Stadtwerke in Kürze mitteilen.

Fortführung der Arbeitsgruppen von der Klimawerkstatt

Dieselbe Bürgerin schilderte Ihre Erfahrung mit der Fortführung der Arbeitsgruppe Mobilität aus der Klimawerkstatt. In Absprache mit Ihrer Gruppe und mit der Klimaschutzmanagerin Frau Weiß habe sie ein kurzes Konzept für eine Aktion "Parking Day" entwickelt. An einem Parking Day werden Parkplätze vorübergehend umgenutzt, um zum Nachdenken über die Nutzung und Verteilung des öffentlichen Raums anzuregen.
Seit längerem habe sie nun keine Rückmeldung mehr erhalten von der Stadtverwaltung. Der Leiter des Bauamts Kermbach verwies darauf, dass beide Klimaschutzmanagerinnen schon länger krank seien.

Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses

Der Gemeinderat beriet über die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses in Brombach. Die Beschlussvorlage stellte dabei zwei Heizungsvarianten zur Auswahl: Wärmepumpe oder Ölheizung. Die RNZ hatte dazu berichtet (15.02.22) und die Klimainiatitive einen Leserbrief verfasst (17.02.22), in dem sie deutlich machte, dass Ölheizungen grundsätzlich nicht mit dem Ziel der Klimaneutralität vereinbar sind. Nicht zuletzt wird ihr Einbau aus genau diesem Grund von der Bundesregierung ab 2026 sogar verboten.

Zur Eröffnung der Beratung teilte der Leiter des Bauamts Kermbach dann mit, dass die Verwaltung eine Wärmepumpe favorisiere. Eine Ölheizung sei für Eberbach mit seinen Klimazielen “nicht mehr zeitgemäß”. Die Verwaltung ändere daher ihren Beschlussantrag dahingehend, dass die Ölheizung gestrichen wird und nur noch eine Wärmepumpe vorgeschlagen wird. Alle Gemeinderatsfraktionen bekräftigten in der folgenden Diskussion, dass auch für sie eine Ölheizung nicht in Frage komme.

Gemeinderätin Kerstin Thomson (AGL) ergänzte dazu noch, dass ihr in der Beschlussvorlage die Wirtschaftlichkeitsberechnung fehle. Neben den Investitionskosten müssten bei der Entscheidung über Heizung oder Dämmung auch die Betriebskosten berücksichtigt werden.

Sie bat außerdem darum, in der Kommunikation mit der Denkmalschutzbehörde hartnäckig zu sein, was die Installation einer Photovoltaik-Anlage angehe. Das Dorfgemeinschaftshaus befindet sich im alten Schulhaus und steht unter Denkmalschutz. Die Stadtverwaltung möchte das Dach gerne den Stadtwerken überlassen zur Errichtung einer Photovoltaik-Anlage.
"Es findet aktuell ein Umdenken statt und wir hoffen alle, dass sich etwas ändert.", antwortete Herr Kermbach. Eine Nachfrage bei der unteren Denkmalschutzbehörde habe allerdings ergeben, dass es bisher keine Neuregelungen seitens der Landesregierung gebe. Es müsse daher weiterhin ein Antrag gestellt werden. Man werde dies tun, um zumindest eine Ablehnung zu bekommen, gegen die man vorgehen könnte. Stadtrat Jost (AGL) bat darum, gegen einen ablehenden Bescheid umgehend Widerspruch einzulegen, damit er nicht rechtskräftig und damit unanfechtbar wird.

Von der CDU-Fraktion kamen grundsätzliche Bedenken gegen die Sanierung. Aufgrund der gegenüber der ersten Planung um 100% gestiegenen Gesamtkosten von fast 1 Million Euro regte Stadtrat Kleeberger (CDU) an, die Planung noch einmal zu überarbeiten und nach Alternativen zu suchen. Der Vorschlag fand im restlichen Gemeinderat keine Resonanz.

Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen, die CDU-Fraktion enthielt sich.

Fahrradinfrastruktur

Der Gemeinderat hatte über verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrradinfrastruktur zu entscheiden.

Die Abstellmöglichkeiten im Bereich des Bahnhofs sollen erweitert werden mit dem Ziel, auch höherwertige Fahrräder sicher abstellen zu können. Neben den bestehenden überdachten Stellplätzen am Parkplatz an Gleis 1 soll eine Sammelschließanlage (eine zugangsgesicherte Fahrradgarage mit zwölf Stellplätzen) errichet werden. Weiterhin sollen im Bereich des Treppenaufgangs zum Fußgängersteg neun separat abschließbare Fahrradboxen errichtet werden. Die Vermietung beider Systeme würde über die Stadtverwaltung und ein Internet-Buchungssystem erfolgen. Angedacht sind Preise von 8€ pro Monat und 60€ pro Jahr. Der Bau der Anlagen wird von Bund und Land gefördert, die Flächen werden von der Bahn im Rahmen ihrer “Bike-and-Ride-Offensive” kostenlos zur Verfügung gestellt.
Auch auf der REWE-Seite wollte die Stadtverwaltung Abstellplätze schaffen. Anfragen beim Eigentümer des Parkplatz bezüglich Tausch oder Kauf einer Fläche dafür wurden von diesem jedoch abgelehnt.
Die Pläne der Stadtverwaltung zu den Abstellmöglichkeiten trafen ausschließlich auf Zustimmung im Rat.

Ein wenig anders verhielt es sich beim Plan, den Neckarradweg zu sanieren. Saniert werden sollen drei Abschnitte: vom Ruderhaus bis zum Campingplatz sowie zwei Abschnitte westlich und östlich von Pleutersbach. Auf den Abschnitten um Pleutersbach sollen lediglich Schäden in der Asphaltdecke ausgebessert werden. Auf dem Abschnitt vom Ruderhaus zum Campingplatz soll der aktuelle Schotterbelag durch eine Asphaltdecke ersetzt werden. Konkreter Anlass für die Pläne waren auch hier die aktuell verfügbaren, umfangreichen Förderprogramme von Bund und Land. Diskutiert wurde, ob die Ausbesserungen wirklich nötig seien oder ob es für die Verbesserung der Radwegestruktur dringendere Maßnahmen gebe.

Peter Stumpf (AGL) argumentierte, dass es sich um einen innerstädtischen Radweg handele, der deshalb einen gewissen Standard erfüllen sollte. Aus diesem Grund habe man die Aslphaltdecke vorgeschlagen, sagte der Leiter des Bauamts Kermbach. Bei Regen bildeten sich aktuell Pfützen und Radfahrer auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit würden durch den spritzenden Schotter ziemlich dreckig. Kerstin Thomson (AGL) ergänzte, dass der Übergang vom Asphalt auf den Schotterbelag an der abschüssigen Stelle am Ruderhaus nach ihrer eigenen Beobachtung bei ungeübten Radfahrern immer wieder zu gefährlichen Situationen führe.
Für Peter Stumpf (AGL) ist der Radweg außerdem eine wichtige Alternative zur Beckstraße, für die die Radinitiative zwar einen Radweg fordert, aber aus Platzgründen noch unklar ist, wie dieser realisiert werden kann. Damit der Neckarradweg eine echte Alternative sein kann, sei aber natürlich auch wichtig, dass er in Zukunft besser anzufahren sei vom Nordende der Neckarbrücke aus. Dies sei momentan nicht gegeben. Er sprach unter anderem von einer Radfahrerquerung am Zebrastreifen.

Gemeinderat Polzin (FWE) bezweifelte die Notwendigkeit der Maßnahme. Er fahre den Neckarradweg selbst regelmäßig und halte ihn nicht für dringend sanierungsbedürftig. Es mache aus seiner Sicht keinen Sinn, Zeit und Geld auf diese Maßnahmen zu verwenden, nur weil gerade Fördermittel verfügbar sind, die immerhin auch von der Allgemeinheit bezahlt würden. Für die Verbesserung des Radverkehrs gebe es weitaus dringendere Maßnahmen, so wie der von der Radinitiative favorisierte Weg in der Beckstraße. Das sei natürlich schwierig und werde sicher auch einen politischen Kampf erfordern. “Wir werden es immer wieder erleben, dass wir den Autofahrern auch mal Parkplätze wegnehmen müssen, wenn wir uns über ein Radwegenetz unterhalten. Das ist schwierig, aber da müssen wir halt durch.”

Für die CDU teilte Heiko Stumpf mit, dass man den Ausbau der Fahrradinfrastruktur grundsätzlich begrüße, sich beim diskutierten Teilabschnitt des Neckarradwegs aber nicht einig geworden sei. Einige Fraktionsmitglieder fänden es wegen des Naturschutzgebiets am Neckarufer besser, wenn nicht asphaltiert würde. Es gebe ja die Beckstraße als Alternative, wo man einen Radwege wolle, zwei Mal Asphalt wolle man nicht.

Die CDU beantragte daher, nur den aktuellen Schotterbelag auszubessern und nicht zu asphaltieren. Für diesen erweiterten Antrag stimmten Stadträtin Greif (CDU) sowie die Stadträte Heiko Stumpf (CDU), Kleeberger (CDU), Polzin (FWE) und Jost (AGL). Der Rest stimmte dagegen. Mehrheitlich angenommen wurde dann der Antrag der Stadtverwaltung, so dass der Radweg nun asphaltiert wird.

Initiative Lebenswerte Städte

Die Stadtverwaltung beantragte den Beitritt der Stadt Eberbach zur Initiative "Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten", die vom Thinktank Agora Verkehrswende (Berlin) gestartet wurde und vom Deutschen Städtetag unterstützt wird.
Die Initiative setzt sich gegenüber dem Gesetzgeber unter anderem für eine Änderung des Straßenverkehrsrecht dahingehend ein, dass Städte die Möglichkeit erhalten, Tempo 30 selbst dort festzulegen, wo sie es für sinnvoll erachten. Momentan geht dies nur im Zusammenspiel mit den jeweiligen Verkehrsbehörden. Der Initiative haben sich mittlerweile rund 70 Kommunen angeschlossen.
Der Leiter des Ordnungsamtes Menges wies noch einmal daraufhin, dass es sich lediglich um eine Initiative handele. Die Stadt Eberbach erhalte mit dem Beitritt keine neuen Möglichkeiten der Gestaltung von Tempo 30. Wohl aber versuche die Initiative den Gesetzgeber von einer entsprechenden Neuregelung zu überzeugen. Der Initiative gehe es dabei um sämtliche Straßen auf dem Gebiet der Kommune, auch sogenannte klassifizierte Straßen. Klassifizierte Straßen sind solche Straßen, die Kreis, Land oder Bund gehören und von denen es in Eberbach recht viele gibt, beispielsweise die Beckstraße, die Wilhelm-Blos-Straße oder die Friedrichsdorfer Landstraße.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen.