Klimabericht Gemeinderatssitzung vom 25.03.2022

von Stefan Klein
Hinweis: Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen. Korrekturen nehme ich gerne entgegen.

Kurzüberblick

Investor oder Bürgerwindpark

Ein Bürger fragte erneut nach, warum die Stadt sich nach seiner Darstellung große Gewinne entgehen lasse, indem sie den Windpark auf dem Hebert - vorbehaltlich eines positiven Bürgerentscheids - an die BayWa r.e. verpachten wolle anstatt einen Bürgerwindpark zu entwickeln. Zur letzten Sitzung hatte er einen umfangreichen Fragenkatalog mit 31 Fragen eingereicht (siehe hier). Auf diesen hatte Herr Reichert eingangs geantwortet, indem er das Verfahren noch einmal beschrieb und die Einschätzung äußerte, dass dieses Verfahren niemanden ausgeschlossen habe. Auch eine Bürgerenergiegenossenschaft hätte sich bewerben können. Er schränkte ein, dass er nicht jede Frage einzeln beantworten könnte, zumal es sich zum Teil auch um allgemeine gesellschaftspolitische Fragen handele.
Auf die nun wiederholte Frage antwortete er, die Stadt habe eine tolle Pacht erzielt, über die man glücklich sein könne, so ein gutes Ergebnis sei ihm von anderswo nicht bekannt. Zugleich sei völlig klar, dass man nicht unternehmerisch tätig werden wolle. Wenn die Stadt ein Gewerbegrundstück zur Verfügung stellt, wisse man auch, dass das Unternehmen darauf voraussichtlich und hoffentlich große Gewinne macht, dennoch sei das kein Grund, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Zudem bestünden auch jetzt noch Beteiligungsmöglichkeiten von bis zu 49%, die genutzt werden könnten. Als der Fragesteller sich erkundigte, ob dann nicht die Stadtwerke unternehmerisch tätig werden könnten, bat Herr Reichert, in diesem Fall direkt mit den Stadtwerken zu sprechen.

Energiekonzept für das Hallenbad

Die Pläne für das Hallenbad konkretisieren sich. Zu beschließen war zwar nur der Förderantrag, da dabei jedoch Planung und Kostenschätzung mit eingereicht werden müssen, wurde auch der aktuelle Stand der Planung von den beteiligten Büros vorgestellt.

Für den Förderantrag wird dabei der maximal denkbare Umfang berücksichtigt, auch wenn erst noch zu entscheiden ist, ob diese tatsächlich so gebaut wird oder ob aus Kostengründen der Umfang reduziert werden muss. Diese maximale Variante umfasst ein 25m-Becken mit 5 Bahnen, ein Multifunktionsbecken mit Hubboden und ein Kleinkindbecken.

Die aktuelle Kostenschätzung liegt bei ca. 14 Mio Euro. Bei der ersten Grobschätzung zum Grundsatzbeschluss hatte sie inklusive aller jetzt berücksichtigten Optionen noch bei knapp 10 Mio Euro gelegen.

Das vorgestellte Energiekonzept ermittelt einen Wärmebedarf von 1.690 MWh pro Jahr und einen Strombedarf von 960 MWh pro Jahr. Zum Vergleich: ein Durchschnittshaushalt mit 3 Personen hat einen Strombedarf von 3,5 MWh pro Jahr. Das weitaus größere Eberbacher Krankenhaus hatte zur Zeit des Klimaschutzkonzept 2012 einen Heizwärmebedarf von 3.000 MWh.

Die Grundlast des Wärme- und Strombedarfs sollen von einem mit Gas betriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW) gedeckt werden, für Spitzenlasten soll ein zusätzlicher Gasbrennwertkessel zur Verfügung stehen. Bei Verwendung von Erdgas und Deckung des zusätzlichen Strombedarfs aus dem Netz, würden die jährlichen CO2-Emissionen 580 Tonnen betragen. Das Umweltbundesamt gibt an, dass für Klimaneutralität ein Budget von maximal 1-2 Tonnen pro Person existiert. Ein solches Schwimmbad würde dann 2-4% des gesamten Eberbacher CO2-Budgets aufbrauchen.

Um die CO2-Emissionen zu reduzieren, sind daher bereits ergänzende Maßnahmen geplant. Auf dem Dach sollen 2.000m2 Photovoltaik und Solarthermie installiert werden, um einen Teil des Strom- und Warmwasserbedarfs über Sonnenenergie zu decken. Angedacht ist weiterhin, für das BHKW Biogas zu verwenden. Weiterer Strombedarf aus dem Netz soll mit Ökostrom gedeckt werden. Nach der Rechnung der Planer seien damit rechnerisch CO2-Emissionen von 0 Tonnen zu erreichen. Klar ist allerdings, dass es sich hier lediglich um eine Bilanz handelt. Der Betrieb des Hallenbades würde auch weiterhin CO2 in beträchtlicher Menge verursachen, die Rechnung basiert auf dem Ansatz, dieses verursachte CO2 durch CO2-Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren.

Frau Seiters vom Planungsbüro pbr stellte fest, dass sich Eberbach bisher als Vorreiter zeige mit hohen Ansprüchen an die Klimaneutralität. Häufig werde das schrittweise zurückgeschraubt. Das sei sehr gut. Zugleich stellt sie klar: “Ein Hallenbad ist eine Einrichtung, die viel Energie braucht. Mehr als ein Krankenhaus pro Quadratmeter. Das ist einfach so.”

Kerstin Thomson (AGL) bat um ergänzende Planungen und Untersuchungen. Die Vorlage behaupte, dass es sich um ein Niedrigstenergiegebäude handele, was falsch sei. Tatsächlich sei nur nach gesetzlichen Vorgaben geplant worden, die höher lägen. Sie bat, eine echte Niedrigstenergie-Variante zusätzlich zu untersuchen. Außerdem halte sie für eine Entscheidung eine Lebenszykluskostenanalyse für das Gebäude für notwendig, die nicht nur die Bau-, sondern auch die Betriebskosten berücksichtigt und die vergleichend erstellt werden sollte für den gesetzlichen Standard und ein Niedrigstenergiegebäude.
Weiterhin bat sie, auch eine Flusswärmepumpe zur unterstützenden Wärmeerzeugung als Option zu untersuchen. Die AGL-Fraktion wisse, dass es in Heidelberg entsprechende Projekte gebe.

Markus Scheurich (SPD) äußerte, dass er sich aus energetischer Sicht ebenfalls wünsche, dass zwei, drei Möglichkeiten aufgezeigt würden, die über das übliche hinaus gehen, z.B. Heizung mit Biomasse. Er halte es für wichtig, das zu untersuchen und zu dokumentieren, selbst wenn es aus jetziger Sicht nicht wirtschaftlich oder nicht realisierbar scheine - auch in Hinblick auf die Nachfragen der Öffentlichkeit, damit klar sei, was geprüft wurde.

Dietmar Polzin (FWE) vertrat die Einschätzung, dass das Gebäude "nicht wirklich" klimaneutral sei. Er kritisierte dabei vorrangig, dass sich die Klimaneutralität auf eine Versorgung mit Biogas stütze. Ob sich die dauerhafte Biogasversorgung in diesem Umfang auf viele Jahre sicherstellen lasse, fragte er, es gäbe in Deutschland nach seiner Recherche nur 3 Anbieter, die reines Biogas liefern. Und ob es sinnvoll sei, Biogas zu verwenden, das zu 50% aus Energiepflanzen gewonnen würde, die zugleich als Futterpflanzen dienen könnten? Die CO2-Belastung durch Biogas liege nicht bei 0, sondern lediglich bei 20-30% der Belastung herkömmlichen Erdgases.
Er sehe eine große Notwendigkeit, das Hallenbad energiesparend zu konzipieren und bat die Planer auszuarbeiten, was maximal möglich sei.

In der Abstimmung stimmten Peter Wessely (FWE) und Dietmar Polzin (FWE) gegen den Antrag. Lothar Jost (AGL) enthielt sich der Stimme. Er hatte zuvor erklärt, dass ihn die politischen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit sehr aufgeschreckt hätten. Da er auch auf Eberbach schwierige Zeiten zu kommen sähe, sei er nicht sicher, ob er in Zukunft einem Hallenbad mit städtischen Kosten von 11 Mio Euro zustimmen könne.

In der weiteren Planung schließt sich an die aktuelle Kostenschätzung (Leistungsphase 2) nun die detaillierte Kostenberechnung (Leistungphase 3) an. Danach wird der Gemeinderat - vermutlich im Sommer - entscheiden, ob und in welcher Variante endgültig gebaut wird. Frau Seiters gab sich zuversichtlich, dass - vorausgesetzt es gäbe nicht mehr zu viele Planänderungen - das Hallenbad im Jahr 2025 und damit im Rahmen der Förderfrist fertig sein könnte.

Kreuzung ohne Radwege

Der Gemeinderat sollte über Sanierungspläne für die Kreuzung Pestallozzistraße/Berliner Straße entscheiden. Die anstehende Erneuerung von Wasserleitung und Kanalisation dient als Anlass, den Asphaltbelag zu erneuern, der sich in schlechtem baulichem Zustand befindet und zudem aufgrund des starken Neigungswinkels dazu führt, dass Busse regelmäßig aufsetzen.

In der Bürgerfragestunde hatte John Landis, Sprecher der Radinitiative, darauf hingewiesen, dass diese Kreuzung eine zentrale Rolle spiele in dem von der Radinitiative im Dezember 2020 vorgelegten Bericht (siehe hier). Nun komme aber in der Beschlussvorlage das Wort Radfahrer an keiner Stelle vor. Maßnahmen am Radwegenetz waren in der Vergangenheit immer vom geplanten Mobilitätskonzept abhängig gemacht worden. Ob es da nicht sinnvoll sei, mit der Maßnahme zu warten oder man sich nicht Gedanken machen müsste, wie Radfahrer schon jetzt berücksichtigt werden könnten.

Der Leiter des Bauamts Detlef Kermbach hielt das nicht für notwendig. Auf dem Bürgersteig sei ohnehin nicht genügend Platz, daher werde es ohnehin auf eine Fahrbahnmarkierung heraus laufen und die könne man auch im Nachhinein anbringen.

“Und wenn das Konzept dann doch vorsieht, dass die Radfahrer auf dem Bürgersteig fahren sollen?”, frage Landis nach. Das sei aufgrund der Platzverhältnisse nicht denkbar, gab sich Kermbach sicher.

Bei der Diskussion im Gemeinderat stellte Peter Stumpf (AGL) diese Einschätzung in Frage. Der Kreuzungsbereich sei breit, zudem lägen Grünbereiche daneben, von denen man Fläche zukaufen könne. Markierungen auf der Straße könne man “irgendwo” machen, “aber nicht an so einer wichtigen und gefährlichen Stelle”. Ein Radweg sei absolut zwingend. Er verwies auch darauf, dass vor Jahren von der Stadt extra Fläche entlang der Bahntrasse an der Berliner Straße gekauft worden sei, um den Bürgersteig zu verbreitern und zum Radweg auszubauen. Warum die Radwegschilder dann irgendwann wieder abgehängt wurden, verstehe er absolut nicht.

Dietmar Polzin (FWE) bat zwei Mal darum, in Zukunft bei jeder straßenbaulichen Planung die Radfahrer mit zu bedenken, nicht nur die Autofahrer - auch ohne dass dies extra gesagt werden müsse. Klaus Eiermann (SPD) pflichtete ihm bei.

Herr Kermbach verwies auf die wiederholte Diskussion zu Sofortmaßnahmen. Aus Sicht der Verwaltung mache eine Insellösung keinen Sinn, man müsse das Mobilitätskonzept abwarten. Aktuell werde der Bürgersteig ja gar nicht angefasst, im Nachgang sei es durchaus möglich, noch Radverkehrswege zu planen. Volker Hafen, der Leiter des Tiefbauamte,s bestätigte die Einschätzung, dass eine Planung wenig Sinn mache, solange man den weiteren Verlauf nicht kenne.

Markus Scheurich (SPD) wies darauf hin, dass durchaus ein Stück Bürgersteig im Planbereich liege. Der Einwand mit den Radwegen sei “durchaus berechtigt”, wenn die Gefahr besteht, dass das Konzept dazu führt, dass man an die gleich Stelle noch einmal anfassen muss. Das sollte schon ausgeschlossen sein.

Ralf Lutzki (FWE) fragte, ob man nicht die Berliner Straße einfach als Fahrradstraße ausweisen könnte. Herr Reichert antwortete, dass man da natürlich drüber nachdenken könnte, dass das aber die Frage des Kreuzungsbereichs nicht löse.

Schließlich machte Herr Reichert den Vorschlag, den Planer zu fragen, ob er eine erste grobe Einschätzung geben könne, wie die Radwege berücksichtigt werden könnten. “Keine komplette Planung, nur ein erster Aufschlag”. Das könne man dann in einer der nächsten Sitzungen weiter besprechen.

Ob man nicht auf das Mobilitätskonzept warten könnte, schlug Klaus Eiermann (SPD) vor. Herr Kermbach informierte dazu, dass das Konzept noch nicht beauftragt sei, weil man weiterhin auf die Förderzusage warte. Nach Auftragserteilung würde es dann mindestens ein Jahr dauern. Das würde zu lange dauern, meinte auch Herr Reichert.

Udo Geilsdörfer (FWE) wies zwei Mal darauf hin, dass von seinen Schülern niemand die Berliner Straße nutze. Die Schüler führen über Steigestraße und Waldstraße, 90% kämen mit dem Bus. Er sei sich der Wichtigkeit von Radwegen bewusst, aber diese Strecke werde einfach nicht genutzt.

Herr Reichert bedankte sich für die Einschätzung und erkannte an, dass Herr Geilsdörfer als Leiter der Werkrealschule an der Steige einen guten Einblick habe. Zugleich müsse man sagen, dass das Ziel ja sei, dass in Zukunft mehr Rad gefahren wird und dafür müssten die Möglichkeiten erst geschaffen werden.

Am Ende war Herrn Reicherts Vorschlag, den Planer zu befragen, für alle Gemeinderäte akzeptabel. Der Punkt wurde ohne Beschluss vertagt.

Meilensteinplan

Der Leiter des Bauamts Detlef Kermbach teilte mit, dass bezüglich des Meilensteinplans den Fraktionen in der zweiten Märzwoche noch einmal Unterlagen zugesandt wurden mit der Bitte, bis zum 28.03. eine Stellungnahme abzugeben, auf deren Basis der Plan dann noch einmal überarbeitet werden solle.