Klimabericht Gemeinderatssitzung vom 24.06.2021

von Stefan Klein
Hinweis: Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen. Korrekturen nehme ich gerne entgegen.

Kurzüberblick

Neuer Regionalplan

Der Gemeinderat hat über eine Neufassung des Regionalplans beraten. Im Regionalplan wird für eine Gegend grob festgelegt, wo Wohnbebauung oder Gewerbebebauung stattfinden darf. Er gilt jeweils für 15 Jahre. In der neuen Fassung sind für Eberbach knapp 7 zusätzliche Hektar für Wohnbebauung in Neckarwimmersbach und knapp 3 zusätzliche Hektar für ein Gewerbegebiet im Ittertal bei Gaimühle vorgesehen. Aus dem Regionalplan wird der Flächennutzungsplan entwickelt und daraus können, müssen aber nicht einzelne Bebauungspläne entwickelt werden. Bei der Entscheidung für oder gegen den Regionalplan geht es also noch nicht um konkrete Baugebiete, sondern nur um die Festlegung von Flächen, die später für Baugebiete genutzt werden können oder nicht.

In der Diskussion spielte die Frage des Flächenverbrauchs eine zentrale Rolle. 56 Hektar (knapp 80 Fußballfelder) werden aktuell in Deutschland täglich neu bebaut. Ziel der Bundesregierung ist es, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar zu reduzieren (S. 100 hier), Ziel des Bundesumweltministeriums sind 20 Hektar (S. 82 hier). Der Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung sieht ein Ziel von “Netto-null” vor (S. 30 hier). “Netto-null” bedeutet dabei, dass nur Flächen bebaut werden dürfen, wenn in gleichem Maße Flächen an die Natur zurück gegeben werden.

Stadrat Schulz (CDU) vertrat die Ansicht, dass der Flächenverbrauch zwar grundsätzlich kritisch zu sehen sei, an dieser Stelle jedoch nicht das Thema sei, da mit dem Regionalplan noch nicht über die Bebauung beschlossen wird, sondern es sich nur um eine Option auf die Zukunft handele. Es sei wichtig, der Stadt und den Nachfolgern im Gemeinderat Spielräume zu erhalten.
Stadtrat Schieck (SPD) pflichtete bei. Eine Diskussion zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei “absolut unnötig”. Man müsse die Polemik aus der Sache herauslassen.

Stadträtin Greif (CDU) verwies auf den Flächenverbrauch und vertrat die Ansicht, man solle lieber nach Wegen suchen, die Potentiale des vorhandenen Wohnraums zu analysieren und in den nächsten 10-15 Jahren besser zu nutzen. “Vielleicht ist es an der Zeit umzudenken und mit dem zufrieden zu sein, was man hat und das beste daraus zu machen”
Stadtrat Stumpf (AGL) verwies ebenfalls auf die Bedeutung der Innenentwicklung und auf vergangene Erfolge (Entwicklung der Odenwaldstraße). Neue Bauflächen im Außenbereich seien eindeutig klimarelevant und die Einwohnerzahl von Eberbach sei in den letzten Jahren eher zurückgegangen als gewachsen.
Deutlich wurde Stadtrat Kaiser (AGL). Es gehe sehr wohl um eine grundsätzliche Frage, “nämlich die Frage, ob wir in die Fläche gehen wollen: ja oder nein”. Es sei dabei durchaus eine Option, dem Bauen im Außenbereich einen Riegel vorzuschieben und sich voll auf den Innenbereich zu konzentrieren. Der von der Stadtverwaltung präferierte Weg sei klar und er möchte sich klar davon abgrenzen. Ein klarer Schnitt und ein Mentalitätswandel seien nötig und dabei sei es ihm auch egal, was anderswo passiere.

Bürgermeister Reichert argumentierte damit, dass es notwendig sei, sich Möglichkeiten offen zu halten. Man dürfe nicht jede Potentialschaffung verhindern. Man stehe im Wettbewerb mit anderen Gemeinden und dort werde zum Teil viel mehr gebaut. “Junge Leute schauen sich dann halt in Nachbargemeinden um.” Gegen den Vorwurf von Stadtrat Kaiser verwahrte er sich. Er wolle nicht in die Ecke gedrängt werde, nur Außenentwicklung betreiben zu wollen. Die Verwaltung lege großen Wert auf Innenentwicklung und sei sehr bemüht, die Stadtsanierungsprogramme voran zu bringen. Die im Regionalplan vorgesehenen Flächen seien eine kleine Sache für eine Stadt der Größenordnung von Eberbach. Bauamtsleiter Kermbach äußerte die Einschätzung, dass, wenn Eberbach die Flächen nicht nutzen würde, es umliegende Gemeinden machen würden und dann am Ende doch bebaut würde.

Abgestimmt wurde auf Antrag von Stadtrat Jost (AGL) in zwei getrennten Abstimmungen. Zum einen über die vorgesehenen Wohnbauflächen in Neckarwimmersbach, zum anderen über das vorgesehene Gewerbegebiet im Ittertal.
Den Wohnbauflächen wurde mehrheitlich zugestimmt bei Gegenstimmen von Peter Stumpf (AGL), Kerstin Thomson (AGL), Christian Kaiser (AGL) und Dietmar Polzin (FWE).
Dem Gewerbegebiet wurde ebenfalls mehrheitlich zugestimmt, allerdings mit mehr Gegenstimmen, dieses Mal die gesamte AGL-Fraktion, Peter Wessely (FWE), Dietmar Polzin (FWE), Georg Hellmuth (CDU), Bettina Greif (CDU).

Neues Wohngebäude Neckarstraße

Im Bereich neben nördlichem Brückenkopf und Parkplatz vom Grünen Baum soll eine neue Wohnanlage mit 19 Einheiten entstehen. Der Gemeinderat entschied über die Aufstellung eines Bebauungsplans.
Während zuletzt beim geplanten Wohnquartier in der Friedrichsdorfer Landstraße (ehemals Gärtnerei Schlickenrieder) heftig über die Berücksichtigung des Klimaschutzes diskutiert wurde (Bericht), fiel die Beratung diesmal kurz aus.

Das vom Investor vorgelegte Konzept beinhaltet diesmal bereits recht detailliert auch energetische Aspekte. Dazu gehören:

Stadträtin Thomson (AGL) bezeichnete das Energiekonzept als “erfreuchlich, ein nachhaltiges Gebäude, dass ökologisch und ökonomisch sehr gut werden wird”.
Die Stadträte Hellmuth (CDU) und Schieck (SPD) äußerten sich lobend über die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit mit dem Investor, was seitens der Verwaltung bestätigt wurde.
Beschlossen wurde mit großer Mehrheit bei einer Gegenstimme von Stadtrat Polzin (FWE), der sich kritisch äußerte ob der Größe der Anlage.

Neuer fester Tagesordnungspunkt

Herr Reichert teilte mit, die Stadtverwaltung wolle in Zukunft in jeder Sitzung unter einem festen Tagesordnungspunkt "Klimaneutralität 2035" über den Fortgang beim Ziel der Klimamneutralität berichten. Auf dieser Sitzung war der Punkt erstmals enthalten, es informierte Detlef Kermbach, Leiter des Bauamtes.

  1. Die Stadt hat zwei neue Personalstellen ausgeschrieben, eine*n Sachbearbeiter*in Klimaschutzmanagement und eine*n Sachbearbeiter*in Energiemanagement. Die Stellen sind ausgeschrieben bis 11.07.21. Für eine halbe Stelle läuft ein Förderantrag.
  2. Für den European Energy Award findet am 08.07. ein Auftakttermin mit Peter Kolbe von der KliBA Heidelberg statt. Der Start hatte bereits stattfinden sollen, musste jedoch verschoben werden aufgrund von Verzögerungen bei der notwendigen Förderzusage. Die Verzögerungen wurden nicht von der Stadt verschuldet, die sich intensiv um eine Lösung des Problems bemühte.
  3. Beim Meilensteinplan, der bis Ende des Jahres vorliegen soll, hat es sich als schwierig herausgestellt, ein Institut zu finden, dass dessen Ausarbeitung übernehmen kann. “Es ist ein riesiger Bedarf in ganz Deutschland da”. Auf Empfehlung der KliBA Heidelberg habe man ifeu Institut, Wuppertal Institut und Öko-Institut angefragt, aber Absagen erhalten. Derzeit laufen 5 Anfragen bei Ingenieurbüros, von denen man immerhin 2 positive Rückmeldungen erhalten habe.
  4. Beim von den FWE beantragen Mobilitätskonzept läuft eine zweite Angebotsabfrage. Die in erster Runde eingeholten Angebote waren nicht auf Zustimmung im Gemeinderat gestoßen. Während man zeitweise erwogen habe, auf ein Konzept zu verzichten, stelle sich die Situation vor dem Beschluss zur Klimaneutralität nun anders da und es wurden weitere Angebote eingeholt, wobei man den Vorschlägen einzelner Gemeinderäte gefolgt sei. Die Stadträte Peter Stumpf (AGL) und Dietmar Polzin (FWE) hatten beim Verkehrsministerium und einem Landtagsabgeordneten nach Empfehlungen gefragt. Geplant sei ein Mobilitätskonzept mit den Komponenten: Fuß/Radwegenetz, Verkehrskonzept, ÖPNV mit integration neuer Verkehrslösungen, E-Lademöglichkeiten, Carsharing, ggf. Schulwegeplan, wobei man noch nicht wisse, ob es gelingt, das direkt ins Konzept zu integrieren. Eine Beschlussvorlage zur Auftragsvergabe solle zur Oktobersitzung dem Gemeinderat vorgelegt werden.

Bürgerveranstaltung zur Klimaneutralität

Stadtrat Polzin (FWE) äußerte wie bereits in der Vergangenheit die Anregung, Peter Kolbe von der KliBA noch einmal für einen Vortrag einzuladen in einer Veranstaltung unter Einbeziehung der Bürgerschaft und mit der Möglichkeit, miteinander zu diskutieren. Unterstützt wurde die Anfrage von Stadtrat Stumpf (AGL), der von einer “Bürgerveranstaltung” zum Thema Klimaschutz sprach und von Stadtrat Scheurich (SPD), der einen “ersten Impuls an die Öffentlichkeit” für eine gute Idee hielt.

Herr Reichert verwies auf die VHS als möglichen Träger für einen öffentlichen Vortrag und brachte wie bereits in der Vergangenheit zum Ausdruck, dass er nicht wisse, wie er und seine Verwaltung weitere Aufgaben bewältigen sollten. Er könne deshalb nicht zu jedem Vorschlag “ja” sagen.

Interessenbekundungsverfahren und Bürgerentscheid Windkraft

Herr Reichert informierte, dass das Interessenbekundungverfaren zur Winkdraft auf dem Hebert voran schreite. Aktuell laufen die Verhandlungen mit den Bietern, deren Aufnahme wie berichtet vom Gemeinderat am 17.12.20 beschlossen wurde. Eine Durchführung eines Bürgerentscheids gemeinsam mit der Bundestagswahl halte man zeitlich nicht mehr für realisitisch. Ob ein Bürgerentscheid durchgeführt wird, soll nach Abschluss des Interessenbekundungsverfahrens vom Gemeinderat beschlossen werden.